Industriestudie 2018

Kompetenzzentrum eStandards
Prof. Dr. Peter Vieregge

Welche Ziele hat die Studie und welche Daten wurden wie untersucht?

Stellen Sie sich vor, Sie wüssten ab morgen, wie sich Ihre Kunden in Zukunft verhalten. Schlauere Entscheidungen in Marketing und Vertrieb, in Produktentwicklung und Innovation wäre nicht zu verhindern und Zusatzumsatz auch nicht.

Moderne eStandard-Werkzeuge der automatisierten Marktbeobachtung bringen uns dieser Vision ein wenig näher. In einer Studie des Kompetenzzentrum eStandards wurde untersucht, ob es Zusammenhänge zwischen der Nutzung von eStandard-Werkzeugen und betriebswirtschaftlichen Indikatoren gibt. Mehr Informationen zum Kompetenzzentrum finden Sie hier.

Je intelligenter die Produktionsanlagen im industriellen Mittelstand durch die Umsetzung von Industrie 4.0 werden, desto wichtiger wird es, auf Märkten zu entdecken, wofür man sie einsetzen sollte. Es hat noch nie eine solche Menge an relevanten, gut verfügbaren Marktdaten gegeben. Es war noch nie so leicht und kostengünstig, externe Marktdaten mit digitalen Werkzeugen, Daten-Robotern und Daten-Cockpits zu beschaffen und auszuwerten. Internationale Konzerne mit einer großen Datenmacht bringen durch Plattformen eine nie dagewesene Transparenz in Märkte, die sich bei industriellen Standardprodukten negativ auf die Marge auswirken. Die Datenstrategien der Konzerne und Plattformen können durch den Mittelstand nicht kopiert werden. Schlauer und schneller Chancen-Daten außerhalb des Unternehmens zu finden und umzusetzen, beschriebt die wesentliche Strategieoption in diesem Feld. Der Bezug zur DIN ISO 9001:2015 ist im Anhang dargestellt.

Die Basisdaten:

  • Gemessen wurden 6.916 Webseiten von Industrieunternehmen mit mindestens 5 Mitarbeitern im regionalen Umfeld. Dies entspricht rund 8,5% des Gesamtbestandes dieser Unternehmen in Deutschland.
  • Für jedes Unternehmen wurden mehrere Werte gemessen. Insgesamt ergaben sich so rund 24.000 Messwerte, für 7% der Unternehmen konnte kein Messwert erhoben werden.
  • Von den 6.916 Unternehmen hatten 3.411 eine Online-Marktreichweite (Google Platzierung), die über Null lag, diese Unternehmen wurden intensiver analysiert.
  • Für 2.988 (47%) der Unternehmen konnte keine Marktreichweite gemessen werden, sie existieren aber. Dies bedeutet, dass diese Webseiten so schlecht gemacht sind oder technische Fehler aufweisen, dass sie keinen Beitrag für das Wissen über Märkte und Kunden liefern können.

 Was sind die wesentlichen Ergebnisse?

  • Von den 100 Unternehmen mit Top-Online-Marktreichweiten nutzen 94% eStandard-Werkzeuge, die Kundenverhalten aufzeichnen (Tracker), im Mittelfeld der Marktreichweite sind dies noch 38%, bei schlechter Marktreichweite 22%. Durchschnittlich haben die Unternehmen 73 Mitarbeiter, die Top-Unternehmen 564. Je größer das Unternehmen, desto intensiver die datengetriebene Messung des Kundenverhaltens.
  • Nimmt die Online-Marktreichweite um 1% ab, verringert sich der Umsatz der Unternehmen um 144.000,00 €. Dies gilt für die Top-Unternehmen, der Zusammenhang schwächt sich ab, je kleiner die Unternehmen werden.
  • Unter den Top 100 Unternehmen schneiden die Branchen Elektro und Herstellung von IT-Hardware am besten ab, wenn man die gesamte Datenbasis berücksichtigt. Aus dem Elektrobereich sind 16% der Top 100 Unternehmen, sie stellen aber nur 5% aller untersuchten Unternehmen. Zwar sind 19% der Top-Unternehmen aus dem aus dem Metallbereich, allerding stellen sie auch 34% der Grundgesamtheit.
  • Die Gegenprobe unterstreicht die Probleme im Metallbereich. Die schlechtesten 400 Unternehmen bestehen zu 40% aus der Branche Metall. Die Metall-Unterbranche Mechanik (drehen, fräsen, …), Oberflächen- und Wärmebehandlung ist darin besonders oft vertreten.
  • Eine typische Industriewebseite hat eine Marktreichweite von 0,09, die 100 Topunternehmen erreichen rund 14. Typisch ist auch ein Umfang von 42 Webseiten und 80 sogenannter Backlinks. Backlinks sind Links von anderen Seiten und ein wichtiger Qualitätsindikator für die Bewertung durch Google.
  • Ein über 10 Jahre alter Tracking-Softwarecode auf rund 200 der Webseiten könnte ein Hinweis darauf sein, dass die Webseiten nicht intensiv für die Marktdaten- und Kundengewinnung genutzt werden. Dafür spricht, dass innerhalb der über 1000 Unternehmen mit einem Code, diejenigen mit einem alten Code um 33% schlechter in der Marktsichtbarkeit abschneiden. In der Praxis tritt häufig die Situation auf, dass die Unternehmen gar nicht wissen, dass diese eWerkzeuge auf ihren Webseiten eingesetzt werden bzw. wie man an die Daten kommt.
  • Fazit:
    • Es gibt einen positiven Zusammenhang zwischen dem Einsatz von eStandard-Werkzeugen und Erfolg im industriellen Mittelstand. Allerdings machen nicht die Werkzeuge erfolgreich. Die Erklärung hinter dem Zusammenhang sind Führungs- und Wissensmanagement-Strategien in bestimmten Unternehmenstypen, die einen offenen und innovativen Umgang mit den vorhandenen Datenrohstoffen sowie eStandard-Werkzeugen haben und in der Lage sind, diese in standardisierte Prozesse zu gießen.
    • Unternehmen im unteren Bereich der Skala stehen eher in einem Preiswettbewerb bei vergleichbaren Angeboten ohne Alleinstellungsmerkmale. Dies betrifft besonders die Produktion von wenig komplexen Metallteilen. Die jahrzehntelang gewachsenen – scheinbar automatischen – Kundenanfragen führen hier nicht zu einer offensichtlichen Notwendigkeit, sich mit Markttrends auseinander zu setzen.

Wie können Unternehmen ihre Daten abrufen?

Hier können Sie Ihr persönliches Datenpaket anfordern – es entstehen keine Kosten.

Folgende Daten können Sie abrufen:

  • Marktreichweite und eStandard-Werkzeuge: Bitte senden Sie uns die Kennziffer zu unserer Online-Marktreichweite zu und die auf unserer Seite genutzten eStandard-Werkzeuge.
  • Wettbewerbsvergleich: Wir haben Interesse an Detail-Reports, die unser Unternehmen mit 2 Wettbewerbern vergleicht, bitte senden Sie uns Informationen dazu zu.

Ihre Anfrage schicken Sie an:

vieregge@kompetenzzentrum-estandards.digital

 Mess-Methode zum Einsatz von eStandard-Werkzeugen zur Datenerhebung

Es gibt fast 2.400 Software-Werkzeuge, um auf Webseiten das Verhalten von Besuchern zu identifizieren. Häufig werden z.B. Google Analytics oder Piwik genutzt, um die Daten zu tracken. Der Einsatz derartiger Werkzeuge hinterlässt Softwarespuren auf der Seite, die gemessen werden können. Diese Spuren wurden mit einer halbautomatische Messmethode sowie mit händischen Stichproben durchgeführt (z.B. Ghostery).

Mess-Methode zur Feststellung der Marktreichweite von Webseiten

Es gibt für Deutschland einen Index von einigen 100.000 häufigen Suchanfragen bei Suchmaschinen. Es handelt sich um einen Wortschatz aus Einzelbegriffen und Begriffskombinationen. Gemessen wird für eine Webseite, wie viele der Suchbegriffe auf der eigenen Homepage vorkommen. Anschließend wird gemessen, welche Unterseiten eines Webauftritts es mit diesen Begriffen in die ersten 100 Ergebnisse der Suchmaschine Google schaffen. Die 100 Ergebnisse sind die normalen Ergebnisseiten, die in der typischen Browseransicht jeweils 10 Ergebnisse pro Ergebnisseite umfassen. Aus den verschiedenen Platzierungen im Google-Ranking wird der Gesamtindikator der Marktreichweite berechnet. Google selbst nutzt geschätzte 180 Indikatoren, um die Qualität einer Seite in Bezug auf eine Suche zu beurteilen. Zu diesen Indikatoren gehören neben technischen (z.B. Textqualität, Backlinks, Ladezeit, …) inzwischen auch Aspekte des menschlichen Nutzungsverhaltens auf einer Seite, z.B. die Aufenthaltsdauer.

Bezug zu ISO Normen und Standards

Die ISO Norm 9001-2015 beschäftigt sich mit dem Management des Wissens, was im Unternehmen vorhanden ist, wie auch mit der Identifizierung von wettbewerbsrelevantem Wissen außerhalb des Unternehmens, das ins Unternehmen geholt werden muss. Es werden Aspekte des Risiko- und Wissensmanagements behandelt. Die Fundstellen in der Norm sind:

4.1 Verstehen der Organisation und ihres Kontextes (z.B. Veränderung von Technik, Markt und Gesetzeslage)

4.2 Verstehen der Erfordernisse und Erwartungen interessiertes Parteien (z.B. Kundenerwartung)

5.1.2 Kundenorientierung

7.1.6 Wissen der Organisation (z.B. Wissensdatenbank; Bestimmung des aufrecht zu erhaltenen Wissensstandes)

Da Wissen an Menschen gebunden ist, gibt es auch Berührungspunkte zur DIN ISO 30414 „Personalmanagement – Leitlinien zum Human Capital Reporting für interne und externe Stakeholder“. Der Leitfaden dazu gibt Empfehlungen, die Organisationen befähigen den Beitrag des Humankapitals zur gesamten Wertschöpfungskette in ihrer Berichterstattung sichtbar zu machen.

Da es in Zukunft darum geht, Sinn in großen Textmengen standardisiert zu erkennen und Wissen über Ontologien zu strukturieren, wird beispielsweise an der Web Ontology Language (kurz OWL) gearbeitet, um sowohl die Wissensstrukturierung wie auch die dazu gehörenden Dateiformate zu standardisieren.